Immer diese Worte – Kurzanleitung für zielorientierende Kommunikation


Ich werde selten heftig, wenn jedoch die Hybris jede Form kommunikativen Schwach-sinn-s mit der Position und der eigene Grandezza begründet, dann wird's kalt im Besprechungszimmer.

Leistungsträger wollten Verantwortung, Einfluss und Erfolg – die Motive sind vielfältig. Wenn die Position dann erreicht ist, bedeutet das dann auch weiterhin, besser als die anderen zu sein und damit vor allem besser zu Kommunizieren.

Ein Arzt, der positiv und negativ verwechselt, kann jemandem alle Hoffnung rauben – da fehlt mir jedes Verständnis für ‚ich war abgelenkt‘ im Nachhinein.

Als Verantwortungsträger leichtfertig zu kommunizieren ist immer eines: verantwortungslos. Egal, was der Grund, es ist immer: verantwortungslos.

Ob vorsätzlich oder fahrlässig beschäftigt die Haftpflichtversicherer und Arbeitsgericht, Scheidungsrichter und Kerle wie mich, Anwälte.

Worte sind mächtig

»Wenn Blicke töten könnten«, so heißt es. Das schaffen die aber nicht. Worte hingegen, Worte »servieren einen eiskalt ab«, können Affekthandlungen auslösen.

Worte, halbwegs sinnvoll hintereinander gesetzt ausgesprochen, haben Magie in sich – weiße oder schwarze, das hängt vom Verwender ab.

Es gibt viele hervorragende Artikel über die Effekte, die Sprache hat. In diesen Artikeln wird auch auf spannende Studien verwiesen. Wer sich interessiert, kontaktiert mich bitte oder recherchiert selbst.

Fakt ist, Worte sind mächtig. Es bereitet mir Sorge, dass das Bewusstsein darüber immer schwächer wird. Warum? Anderes Thema.

Ausgangspunkt meines Führungsverständnisses ist daher: Der verantwortungsvolle Umgang mit Worten ist die Basis jeden verantwortungsvollen Umgangs mit Menschen.

Lassen Sie uns das genauer betrachten. Für Eilige das Schema vorne weg:
  1. Der Äußernde (Sender) verantwortet Inhalt und möglichen Verständnissektor seiner Botschaften und trägt die Konsequenzen
  2. Die Qualität unserer Botschaften hängt unmittelbar von der Fähigkeit zur Eindeutigkeit und den Mut zur Transparenz ab
  3. Allgemeine Begriffsverständnisse können nicht durch sublime eigene Interpretationen ersetzt werden
  4. Zielorientierende Kommunikation funktioniert nur, wenn eigene innere Aspekte in Bezug auf ein Anliegen mit geliefert werden

BGB – das Beziehungsgesetzbuch

Im Bürgerlichen Gesetzbuch sind viele Weisheiten über die Kommunikation enthalten, weswegen ich es in meiner Führungskräfte-Arbeit oft einsetze als ‚Beleg‘.

Die zwei entscheidenden Pole, zwischen denen sich die Spannung jeder Kommunikation aufbaut, regelt auch das BGB:

Empfängerhorizont

Nicht nur Willenserklärungen (BGB – alles was Rechtswirkungen hat), alle menschliche Kommunikation wird aus Sicht des Empfängers verstanden (Körpersprache!).

Anders ausgedrückt: Ein Richter fragt nicht die Frau Müller, was sie gemeint hat, als sie gerufen hat "vier Bratwürste", er fragt, was der Metzger verstanden haben dürfte. Zu Hause empört, dass es echte Bratwürste sind, hilft Frau Müller nicht. Dass Frau Müller in einer Metzgerei mit 'Bratwürsten' eigentlich Sojawürste mit Bratwurstaroma gemeint hat, spielt keine Rolle. Rückgabe ausgeschlossen.

Glauben Sie mir, darüber wird gestritten – ein Hoch auf die Rechtsschutzpolice.

Unbeachtlicher Motivirrtum

Was wir sagen woll(t)en ist nichts, wofür andere Verständnis oder gar als Empfänger/Adressaten Verantwortung übernehmen müssen. Zwei Szenarien:

#1: Ein Mitarbeiter möchte ein Briefing. Der Chef sagt ihm, was er zu tun hat. Er tut es. Hurra.
Stolz kommt er danach zum – wie er es nennt – ‚Debriefing’.
Nun, das Debriefing dient dazu, Verbesserungspotenziale aufzudecken.
Beeindruckt hört der Chef sich den Projektbericht an und fragt engagiert: »Was können wir nächstes Mal noch besser machen?« Schweigen. Spannung. »Nie kann ich etwas zu Ihrer Zufriedenheit machen! Nie!!« »Ahem, Sie wollten ein Debriefing? Also eine Manöverkritik?« »Neee, so hab' ich das nicht gemeint.«
Kawummms – dieser Dialog steckt in der nicht mehr genießbaren Grütze.
Was der Mitarbeiter sagen wollte, was für ein Gespräch er haben wollte, das kann der Chef nicht wissen.

#2: Der Mann kauft Rosen für ein erstes Date, die Dame der Wahl findet die Rosen solala und ihn ne Katastrophe, lässt daher beides zurück. Ich hoffe, es leuchtet ein, dass der Rosenverkäufer die Rosen nicht zurücknehmen muss, weil das Date erfolglos war.

Dennoch, leicht abgewandelt, musste ein Amtsrichter in München einem umso klagewütigeren Herren erklären (per Urteil), dass dem so ist (es war, wen wundert’s, ein Justizirrtum, da war der Herr sich sicher).

Der Schlüssel: stete Aufmerksamkeit

Es ist also irrelevant (s. o.), was wir wollen und meinen, weil unser Gegenüber nicht in uns hineinschauen kann. Deswegen ist es gerade für Letztverantwortliche (damit auch Eltern!) entscheidend, zu jedem Zeitpunkt zwei Dinge klar zu sehen und zu beherzigen.

Ad 1: Der sich äußert, trägt die alleinige Verantwortung für alle Konsequenzen seine Äußerungen. Auch ein Ja ist eine Äußerung.

Wohlgemerkt: Wer zu etwas unscharf formulierten Ja sagt, der ist selbst verantwortlich dafür, dass es dann in der Umsetzung kracht und scheppert. Lose-Lose.

"Ein Haus mit 4 Zimmern für 400.000 EUR" – na viel Spaß:
Ist die Küche ein Zimmer?
Oder meint Zimmer nicht "Räume", sondern "Zimmer"?
Was ist mit den Steckdosen? Alle an einer Wand? DIN regelt nur wie, nicht wieviel und nicht wo, nur wo nicht.

Ein bewährtes Modell beim Formulieren unserer Botschaften, aller Botschaften, ist, an einen Bestellzettel zu denken.

Wenn wir irgendwas bestellen, kommt auch irgendwas zurück. Leuchtet ein.

Ich möchte, dass ein anderer etwas mit mir, für mich, für die Firma oder für sich unternimmt. Desto besser ich das bestelle, desto besser wird das Ergebnis sein.

"Einmal das Tagesgericht." "Wir haben fünf." "Na ja, eins ohne Fleisch." - der Gast bekommt den Salat mit Scampi und gegen Meeresfrüchte ist er allergisch.
Wer muss den Salat bezahlen? Der Gast.

Ein Architekt hatte einen schönen Abend beim Italiener mit seiner Partnerin vor Augen haben:

"Du, wollen wir heute um 19.00 Uhr schön ausgehen?" "Jaaaa, Klasse!" "Magst Du den Tisch klarmachen?" "Klar, gern, sag Dir noch mal Bescheid." "Du bist super!" Der Tisch? Nicht beim Italiener, sondern bei dem neuen Asiaten, der dem Partner so gefiel und den er seinem Partner so gern zeigen wollte. Und dann hocken sie vor mir und der Initiator nörgelt, dass doch klar war, dass es der Italiener sein sollte, weil wir unter der Woche immer, immer, immer – genau: immer, zum Italiener gehen. Achso, ja, die 3-mal im letzten Monat, da wars ein Mexikaner, stimmt.

Wallenstein ist das Bonmot zugewiesen: »Sag was du willst und du bekommst es.«

Das bringt uns zu

Ad 2: Eindeutigkeit – die Qualität des Verlaufs unserer Kommunikation hängt von unserer Bereitschaft ab, eindeutig zu formulieren.

Warnung: Das kann auch mal einen Konflikt bedeuten.

Dennoch: Drücken Sie klar aus, was Sie möchten, dann bekommen Sie mit der Antwort etwas Tolles zurück: Eindeutigkeit.

  • Entweder: Ja – dann ist eindeutig, dass geschieht, was Sie wollen.
  • Oder1: Nein – dann ist eindeutig, dass nicht geschieht, was sie wollen. Sie halten das aus, ganz bestimmt.
  • Oder2: Gegenvorschlag – dann ist eindeutig, dass entweder Sie entweder zustimmen, Ergebnis: neue Eindeutigkeit oder aber es entsteht, wie potenziell auch beim Nein eine Verhandlung. Und am Ende steht dann ein errungenes Ergebnis – wieder eindeutig.

Alle drei Verläufe beginnen mit einer sorgfältigen Formulierung und bringen Menschen zumeist näher, denn der Raum für Fehlinterpretation ist sehr klein – Vertrauen kann entstehen.

Klären Sie Uneinigkeiten mit Respekt (Wer sich uneins ist, ist sich nicht automatisch unsympathisch!). Meine Formel: «Wahrheit wagen – Freiheit aushalten – Werte leben». Wenn Sie das tun, kann es nicht mehr schiefgehen, denn wenn das Gegenüber emotional wird, geben Sie die Freiheit dafür, das Verständnis. Dann dauert es vielleicht länger, aber außer ein paar blauen Flecken und Aufregern bleibt nichts von Dauer.

Denn sie wissen nicht, was sie sagen oder: die gefühlte Eindeutigkeit

In meinem Besprechungszimmer saß ein empörter, neuer und sympathischer Klient:

"Für mich heißt bald aber nicht erst in 3 Wochen", echauffierte er sich. Er wolle sich unbedingt vom Mitgesellschafter und Geschäftsführer trennen, weil der ein Strategiepapier 3 Wochen nach einer Mail, 'er liefere das Strategiepapier bald' versendet hatte (das Papier an sich war toll, fand auch mein Klient). Vorher hatten sich alle 4 Gesellschafter nach 6 Sitzungen auf ein Geschäftsfeld-Ziel geeinigt haben, die Mail kam 4 Stunden nach Ende der Sitzung.

Das liest sich lustiger als es war. Der Klient war zutiefst gekränkt und gedemütigt. Er war den Tränen nahe (er war der Mentor der Geschäftsführers).

Ich sollte ihm diesen undankbaren Wüstenwurm (meine Wortersetzung, das andere würde alle Sprachpolizisten auf den Plan rufen) raussetzen, wenn es geht nicht an die frische, sondern die stinkende Luft.

Nun, ich werde dafür bezahlt, die Wünsche meiner Klienten mit der Realität abzugleichen und Schlimmeres zu verhindern.

"Wann haben Sie ausgemacht, wo steht, dass bald nicht 3 Wochen sind, wie lang drei Wochen sind?" "DAS IST DOCH KLAR, DASS BALD NICHT LÄNGER ALS EINE WOCHE IST" "Leider nicht ganz." Es war keine schöne Besprechung, glauben Sie mir. Denn ich musste dabei bleiben. Leider: nein. Unverzüglich ist gesetzlich bestimmt. Für wichtige Gründe und die Reaktionszeit hierauf gibt es eine Art Regelraum. Ansonsten müssen wir uns vereinbaren – immer. Das mit dem vor die Tür setzen war also nichts, was der Befindlichkeit keinen Vorschub geleistet hat.

Also, wenn Ihre Bestellung da steht, kommt der nächste Schritt, der so oft übersehen wird:

Gegencheck: Ist Ihr Begriffsverständnis zutreffend?

Nur dann ist es eindeutig.

Sie wollen ein Briefing – wissen Sie, wie der Begriff allgemein (!) definiert ist?
Sie wollen einen Vorschlag zum IPO – was ist das?
Sie wollen das Kapital erhöhen – sicher? Oder auch einen Teil im Agio halten?
Ist etwas im Vertrag klar geregelt?

Und schließlich das Wichtigste:

Ohne Vollständigkeit keine Eindeutigkeit

Ich empfehle folgende

Kontrollfrage: Kann der andere objektiv gesehen mit Ihrer Formulierung wissen, was Sie wollen?

Positiv wissen heißt: Ihre aktuelle Stimmung (innerer Zustand), Ihr Wissen (innerer Zustand), Ihre Erfahrung (innerer Zustand und Eindruck), den Impuls für Ihre Ansprache er-kenn-en?

Anders ausgedrückt: Sind all diese Aspekte in Ihre Kommunikation integriert? Transparenz über die inneren Vorgänge zu einer Erklärung ist der stärkste Verbündete der Eindeutigkeit.

Wer all diese Aspekte beherzigt, wird über die Zeit eine deutliche Veränderung spüren. Wer in einem Konflikt (vor Gericht, beim Streitgespräch mit Moderator oder Supervisor) "richtig auf die Mütze kriegt", ist stets der, der diese Grundordnung nicht beachtet hat.

Zum Schluss: (m)ein erster Hilfekasten

Handreichung 1: Sprachcreme

Wenn es (noch) keine eindeutige Regelung gibt, dann ist eine konfliktvermeidende, respektvolle Herangehensweise ein Satz wie "Nach meinem Verständnis ist, nur für das nächste Mal, eine Ankündigung 'bald' nicht in drei Wochen, sondern längstenfalls 10 Tage. Sollten Sie das anders sehen, bitte ich Sie um ein klärendes Gespräch, damit wir von da ab dann vom gleichen ausgehen. Gerne höre ich von Ihnen. (…)"

Machen Sie sich klar, dass niemand, kein Partner, kein Kunde, kein Kind, kein Richter, kein Gesetz berücksichtigt, was Sie wollten, meinten, verstanden. Die Welt schaut auf ein Wort und so, wie es allgemeingültig verabredet ist, so wird es verwendet.

Handreichung2: Feuerlöscher

Wenn eine Besprechung oder ein Gespräch hitzig wird, wenn es immer mehr zu Positionsk(r)ämpfen kommt, dann ist ein "Entschuldigung, ich möchte bitte eine Frage stellen: Was bedeutet für Sie Mehraufwand, wo ist da Ihre Grenze?" oder "»Kosename«, sag mal, was ist denn für Dich ein entspannter Urlaubstag?" Antwort. "Ah, O. K. Jetzt wird mir klar, warum wir festhängen. Für mich (…). Keines ist besser oder schlechter. Finden wir einen Kompromiss, ja?"

Wenn dann das Aha-Glöckchen schalmeite, ist der Weg zu einer guten Lösung meist kurz und ohne weitere Komplikationen.

Und damit zu guter Letzt:

Für die Neugierigen damit noch die Auflösung: Nachdem ich 20 Minuten Tiraden darüber ertragen habe, was Anwälte und Coaches, und dann noch in einer Person, für Wortklauber und Haarspalter sind und gar nicht und überhaupt, na ja, danach haben wir gemeinsam den Geschäftsführer angerufen, am selben Abend ein Bier getrunken (also jeder – Präzision) und die Herren haben sich die Hand gegeben, bevor sie sich lange umarmt haben, nachdem sie "bald" für sich definiert haben. Es war anrührend, ein besonderer Moment auch für mich.